Jan Koetsier (1911-2006)
Werke bei F.E.C. Leuckart:
Sinfonietta op. 26 (Neufassung 1960)
Drei Fragmente aus dem „Messias“ (Friedrich Gottlieb Klopstock) op. 75/1 für gem. Chor
Aus den »Schöpfungsliedern« (Heinrich Heine) op. 75/2 für gemischten Chor und Klavier
Leihmaterial erhältlich bei Edition Peters.
Biografie
Jan Koetsier, geboren am 14. August 1911 in Amsterdam als Sohn der Sängerin Jeanne Koetsier und des Lehrers Jan Koetsier-Muller, erhielt bereits in früher Kindheit musikalische Anregungen und Förderung (Klavierunterricht). Seinen bald gefassten Entschluss zum Musikstudium verwirklichte Koetsier, der mit seiner Familie im Jahr 1913 nach Berlin umzog, nach Abschluss seiner Schulzeit: Als damals jüngster Student bestand er mit 16 Jahren die Aufnahmeprüfung im Fach Klavier an der Berliner Hochschule für Musik, wo er neben Klavier u. a. Partiturspiel und Musiktheorie bei Walther Gmeindl und ab 1932 Dirigieren bei Julius Prüwer studierte. Gefördert auch von Artur Schnabel, begann sich in dieser Zeit sein weiterer beruflicher Weg: Komponist und Dirigent abzuzeichnen. 1933 übernahm Jan Koetsier eine Arbeit als Korrepetitor am Stadttheater in Lübeck. Bereits nach einer Konzertsaison kehrte er jedoch wieder nach Berlin zurück und begab sich von dort aus als Dirigent von Theaterensembles, wie etwa der »Deutschen Musikbühne« und der »Deutschen Landesbühne«, auf Tournee; erweiterte auf diese Weise sein Repertoire an bühnenmusikalischen Werken.
Jan Koetsier dirigiert in der Hochschule für Musik und Theater München das Orchester der „Deutschen Landesbühne e.V. Berlin“. Er kontrolliert durch den Kopfhörer den Vortrag des Solisten aus der Schweizer Gesandtschaft.
Ab 1936/37 erhielt er dann die Gelegenheit, beim Kurzwellensender Berlin als freiberuflicher Dirigent die Übertragung von eigens bearbeiteter Volksmusik, u. a. von südamerikanischen oder afrikanischen Liedern, zu leiten. Aufgrund der politischen Situation gab Koetsier im Jahr 1940 seine Stellung am Berliner Rundfunk auf und nahm ein Angebot an, die Tänzerin Ilse Meudtner über ein Jahr bei ihrer Tournee am Klavier zu begleiten. Nachdem er im Anschluss daran als Dirigent mit der in Den Haag neu gegründeten Kammeropera zahlreiche holländische Orte bereist hatte (1941/42), übernahm er den Posten des Zweiten Dirigenten beim »Concertgebouworkest« in Amsterdam (1942-48) – eine zentrale Station in seiner künstlerischen Laufbahn, die u. a. durch die Zusammenarbeit mit dem Chefdirigenten des Orchesters, Willem Mengelberg, für Koetsier wertvolle Anregungen und Erfahrungen mit sich brachte.
Nach einer sich anschließenden kürzeren Phase als Dirigent des »Residentie Orkest« und als Dirigierlehrer am Königlichen Konservatorium in Den Haag erhielt er 1950 ein Angebot des Bayerischen Rundfunks, als Erster Dirigent beim dort neu gegründeten »Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks« anzufangen. Sechzehn Jahre widmete sich Koetsier in dieser Position insbesondere Studioproduktionen aller Epochen und Stilrichtungen, die dort für den täglichen Sendebetrieb gebraucht wurden. Daneben dirigierte er öffentliche Konzerte, u. a. in der »musica viva«-Reihe des Bayerischen Rundfunks. 1966 übernahm er eine Professur für Dirigieren an der Münchner Hochschule für Musik und setzte sich in dieser Zeit u.a. für die Reformierung des Lehrplans ein.
Nach seiner Pensionierung widmete sich Koetsier in seinem Haus in der oberbayerischen Gemeinde Rattenkirchen hauptsächlich dem Komponieren. Zur Förderung junger Blechbläserensembles begründete er in diesen Jahren den »Internationalen Jan Koetsier Wettbewerb« (ab 1999 an der Hochschule für Musik und Theater München).
Der intensive Kontakt zu Instrumentalsolisten und Ensembles, den Jan Koetsier zeitlebens pflegte, und seine Auseinandersetzung mit der musikalischen Praxis hatte die Entstehung zahlreicher Auftragswerke zur Folge. Neben dem »Philip Jones Brass Ensemble« und dem »Trio Armin Rosin« gehörten die von Armin Rosin gegründete »Brass Philharmonie«, das »Slokar Quartet«, das »Rennquintett«, das »Leipziger Hornquartett« und die »Münchner Blechbläsersolisten« sowie u. a. zahlreiche Streichersolisten und Pianisten zu den Musikern, mit denen er immer wieder zusammengearbeitet hat und aus deren Repertoire viele seiner Werke längst nicht mehr wegzudenken sind. Die Tatsache, dass Koetsier sich bei seiner Arbeit stets an musikpraktischen Gegebenheiten und Erfordernissen orientierte, ist auch als primärer Grund für die Wahl seiner Instrumentenkombinationen und -besetzungen anzusehen, etwa die Verbindung von Horn und Harfe (Sonate, op. 94), 4 Tuben bzw. Posaunen (»Wolkenschatten«, op. 136, für Tubaquartett; »Die Bremer Stadtmusikanten«, op. 138, für Posaunenquartett) oder Blechbläserquintett und Harfe (»Introduktion und Variationen über das ›Vyšehrad‹-Thema von Friedrich Smetana«, op. 71). Neben Kammermusik für Bläser und Streicher unterschiedlichster Besetzung entstanden Solokonzerte (z. B. das »Echo-Konzert« für 2 Piccolotrompeten und Streichorchester, op. 124, oder das Konzert für Blechbläserquintett und Orchester, op. 133) sowie zahlreiche Orchesterwerke, darunter Sinfonien und Serenaden; dazu kommen Klavier- und Orgelmusik, einige Lieder, Chorwerke sowie u. a. eine Oper (»Frans Hals«, op. 39).
Viele dieser Kompositionen haben längst Eingang in die Programmgestaltung von Konzerten im In- und Ausland gefunden. Außer Koetsiers Kammermusik sind insbesondere die Solokonzerte sowie die Orchesterwerke immer wieder zu hören – herausragende Ereignisse waren beispielsweise Aufführungen seines Konzerts für Trompete, Posaune und Orchester, op. 17, durch Rafael Kubelik und das »Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks«, und der 3. Sinfonie, die u. a. das »Philadelphia Orchestra« seinem Publikum in Philadelphia und New York präsentierte.
Jan Koetsier beim 65. Geburtstag von Rafael Kubelik im Jahre 1979
Im Jahr 2002 beendete er seine kompositorische Tätigkeit und übersiedelte mit seiner Frau Margarete ins Wohnstift Augustinum in München. Dort starb Jan Koetsier am 28. April 2006.
© Stephanie Mauder – Quelle: jan-koetsier.de